In Erlenbach:

die allerschönste Christuskirche

weit und breit

Ein Jahr „Was ist das Gebot der Stunde?" Was hat `s gebracht?

Was ist das Gebot der Stunde? Für mehr Respekt, Vernunft und Mitgefühl. Hämmern für eine Welt mit Seele.
Lange haben wir Evi Böhriger-Kerner und ich über diese ersten Worte eines Plakates nachgedacht, mit dem wir möglichst viele zum Denken bewegen wollten und zu zwei eigenen Grundsätzen: Du sollst … – Du sollst nicht .... Das gilt ‘s in diesen besorgniserregenden Zeiten zu tun und zu lassen angesichts von hässlicher Missachtung anderer, der Neigung Demokratie allmählich abzuschaffen, des  Klimawandels und den Folgen, der Migration, Digitalisierung, Umweltzerstörung, Armut und Aufrüstung.

Gedacht, geschrieben und gehämmert haben dann Menschen in der evangelischen Christuskirche und katholischer St. Martinuskirche in Erlenbach, im Rathaus Erlenbach, in der Kilianskirche Heilbronn, in der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein, beim Konfi-Cup in Erlenbach, im Schloss Beilstein, bei einer Buchvorstellung von Aiman Mazyek, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime,  im Atelier von Evi- Böhringer-Kerner, in der Ev. Kirche in Heilbronn-Horkheim, in der Martin-Luther-Kirche in Neckarsulm, beim Diakonietag auf dem Kiliansplatz in Heilbronn, in der Erlöserkirche in Jagstfeld, im Studienhaus der Evangelischen Kirche in Stuttgart-Birkach, beim "Das Festival" in Stuttgart auf dem Schlossplatz, beim Internationalen Fest auf dem Marktplatz in Neckarsulm, in der Kaufmännischen Schule in Geislingen.

Es war uns eine Ehre, dass wir die Aktion bei der Frühjahrsynode der Ev. Landeskirche in Stuttgart den Delegierten und der Kirchenleitung vorstellen durften: „Vielleicht finden sich bei der gemeinsamen Suche Gebote, die zu einer neuen Leitkultur beitragen können, grenzüberschreitend, vertrauensbildend und gemeinschaftsstiftend. Hoffentlich finden wir auf der Suche Grundsätze, die gutes, geistiges Allgemeingut werden, wieder werden, können. Unsere Vision: Jede und jeder, grenzenlos und ohne Ausnahme darf und möge sein Gebot der Stunde zum Ausdruck bringen, um voneinander zu hören, um aufeinander zu hören“.
Bischof Frank Ottfried July hämmerte: „Du sollst weiterhin dem Gebot folgen: liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Unsere Gesellschaft braucht das. Du sollst keine fake-news und hass-emails senden. (Erst denken, dann posten)“.

Das Mitglied des Deutschen Bundestages, Josip Juratovic bat in Berlin andere Parlamentarier um deren Gebote und brachte sie uns mit. Ihm wurde das Gebot wichtig: „Du sollst nicht schweigen gegenüber einem Hetzer. Du sollst ihm deine Meinung sagen“.                          

500 Gebote kamen zusammen; nicht jeder, der das Plakat gelesen hat, hatte dann auch gehämmert, aber viele zogen mit der Frage gedankenversunken weiter: „Was wäre mein Gebot?
Das gilt’s zu tun! Das gilt’s für zu lassen! Zwei Sätze nur, aber schwergewichtig, wenn sie ernst gemeint und wohl überlegt sind; zwei Sätze, die es in sich haben können. Die Konzentration und das entsprechende Formulieren waren die wertvollsten Momente der Aktion. Vermutlich können sich viele, die gehämmert haben, an ihre Gebote und Leitsätze immer wieder erinnern.  

Hatte einer Seins gehämmert, haben die anderen selbstverständlich gleich gespannt nachgelesen und nachgedacht.  Gegen das ‚Du sollst …‘ regte sich bei einigen Widerwille, wohl weil sie diesen Mahnruf  im Leben bedrückend und bedrohlich erlebt und empfunden haben.

Wer die Gebote nachliest, bleibt an dem einen oder anderen ganz bestimmt hängen und kommt ins Grübeln. Manche Themen und Probleme von heute werden vielleicht in den kommenden Jahren politisch geregelt und eingefriedet in Diskussionen und Gesetzen. Manche werden vielleicht schlimmer werden - weil der mutige Wille und das entsprechende Gebot fehlt? Wir wollten nicht abwarten und zusehen, wie sich die Dinge in der Welt entwickeln, sondern uns mit anderen auf die Suche machen, was die Gesellschaft zusammenhalten kann. „Das selbstständige Formulieren von solchen Geboten verlangt eine nicht einfache Reflexion jedes Einzelnen über sein eigenes Handeln und die Zwänge, in denen er steckt. In der Gesamtheit aber bewirkt es mehr Ruhe und Besonnenheit. Und das Hämmern der auf Papier geschriebenen Gebote auf einen Holzbalken ist die Bekräftigung dessen und die Beipflichtung, unsere freiheitlichen Errungenschaften schützen und unsere Demokratie erhalten zu wollen“, so sagte Evi Böhringer-Kerner.

Wir haben einen Beitrag geleistet. Es war meist mühsam, manchmal frustrierend, oft beglückend. Jedes Gespräch, jeder Gebotsstreifen, war ein Gewinn.

Vor der Kirche steht ein Turm voller Gebote. Wer mag, darf sich den einen oder anderen Gebotsstreifen pflücke, für sich behalten oder anderen weitergeben. So kommen die Gebote unter die Leute und können Frucht bringen. 

Pfr. Jürgen Stauffert