In Erlenbach:

die allerschönste Christuskirche

weit und breit

Warum es mitunter schwer ist, sich mit der Bibel zu beschäftigen

Andere Zeit
Die Ursprünge der Bibel gehen in das Jahr 1800 vor Christus zurück. Die damaligen Lebensgewohnheiten und Lebensverhältnisse unterscheiden sich deutlich von unserem Leben heute. Heutzutage ist es ja kaum vorstellbar, wie man früher ohne Computer ausgekommen ist. Eine ganz andere Zeit war das damals noch ... obwohl das neue Zeitalter erst vor 25 Jahren begonnen hat und nicht vor 3800 Jahren!

Andere Kultur
Wer ein fernes Land bereist, spürt oft, wie fremd einem die Gewohnheiten, die Traditionen, die Werte erscheinen. Ganz andere Bilder und Vergleiche werden verwendet, um einen Sachverhalt zu erläutern. Auch bei gutem Willen ist es oft nicht leicht, die andere Kultur zu verstehen.
Die meisten biblischen Geschichten spielen im Nahen Osten. Nomaden, Bauern und Kleinbürger sind die Träger der 'Frohen Botschaft'. Viele Sitten und Bilder sind einem als Mitteleuropäer erst einmal fremd. Sie müssen in unseren Kontext 'übersetzt' werden.

Andere Adressaten
Die Verfasser der biblischen Bücher hatten zuerst einmal nicht uns im Blick. Das bedrückte Volk im Exil, Theophilus, dem Lukas das Evangelium nahe bringen will, Philemon, dem ein Sklave entlaufen ist, sind die Adressaten der Schriften. Erst im Glauben und u.U. nach langer Beschäftigung mit der Bibel kann man erkennen, dass diese Worte auch uns etwas zu sagen haben. Die biblischen Bücher müssen also erst einmal in unsere Situation 'übersetzt' werden.

Andere Sprache
Die Bibel ist in Hebräisch, Griechisch und in kleinen Teilen auch in Aramäisch verfasst worden. Im Gegensatz zum Koran durfte, ja musste man diese Schriften übersetzen, um sie einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Übersetzung bedeutet aber immer auch Interpretation. Interpretation ist aber natürlich subjektiv und kann sich u. U. von der ursprünglichen Bedeutung unterscheiden.
Die populärste Bibelübersetzung im deutschsprachigen Raum ist die Lutherbibel. Vielen, besonders jungen Menschen, muss heutzutage selbst die überarbeitete Lutherübersetzung 'übersetzt' werden, weil sie viele Ausdrücke nicht mehr verstehen. Dadurch erscheint ihnen die Bibel fremd.

Vielschichtigkeit
Die Bibel ist über einen langen Zeitraum entstanden. 2000 Jahre Kulturgeschichte findet sich in ihr wider. Im größten Teil des Alten Testaments ist z.B. die Vielehe erlaubt und üblich. Viele Gläubige haben an diesem Werk mitgearbeitet, indem sie ihre Erfahrungen aufgeschrieben haben bzw. verschiedene Geschichten gesammelt, zusammengefügt bzw. neu interpretiert haben. Kein Wunder, dass man auf augenscheinliche Widersprüche stößt, die man nicht wegharmonisieren kann. Wie aber damit umgehen?

Buch von Menschen
Die Bibel ist ein menschliches Buch. Die Verfasser und Redakteure waren Menschen. Die Konzile, die bestimmten, welche Schriften in den Kanon der Bibel aufgenommen werden (d.h. in die legitimierte Fassung der Glaubensrichtschnur), bestanden aus Menschen. Diejenigen, die die Bibel über Jahrhunderte per Hand abgeschrieben und da und dort kleine Fehler bzw. Ergänzungen gemacht haben, waren Menschen. Martin Luther, der beschloss, nur Schriften in den Kanon seiner Übersetzung aufzunehmen, die ein hebräisches Original haben, war ein Mensch. Wie können Menschen ein himmlisches Buch verfassen?

Folgerung
Man wird der Bibel nicht gerecht, wenn man den geschichtlichen Kontext der biblischen Schriften ignoriert.
Man wird der Bibel nicht gerecht, wenn man auf Glaubens- und Lebensfragen unreflektiert mit Bibelzitaten antwortet. Zu willkürlich wird oft mit der Bibel umgegangen, indem man die eigene persönliche Meinung mit einem gefunden Bibelzitat untermauert und damit aller Diskussion enthebt. Meist kann man genau zur gegenteiligen Meinung einen Vers aus der Bibel finden.
Um der Bibel gerecht zu werden, muss man den geschichtlichen Kontext beachten und die biblische Aussage dann in unsere Situation 'übersetzen'.
Um der Bibel gerecht zu werden, braucht man Anleitung, z.B. durch Predigten, Bücher, Gesprächskreise, Bibelkurse etc., um sich stets auch selbst hinterfragen zu lassen.