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Schwerter zu Pflugscharen - Ein Friedensrisikorat könnte helfen
Predigt am 16. November 2014 in der Ev. Christuskirche

Das kommende Friedensreich Gottes
In den letzten Tagen aber wird der Berg, darauf des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über die Hügel erhaben. Und die Völker werden herzulaufen, und viele Heiden werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinauf zum Berge des HERRN gehen und zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir in seinen Pfaden wandeln! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. Er wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. Denn der Mund des HERRN Zebaoth hat's geredet. (Micha 4, 1-4)


'Schwerter zu Pflugscharen' wurde Anfang der 80er Jahre zum Symbol der kirchlichen Friedensarbeit in der DDR und bald in ganz Deutschland. Die entsprechende Skulptur war ein Geschenk der Sowjetunion an die UNO, wo sie noch heute vor dem Hauptquartier in New York steht. Eine Abbildung des Mannes, der das Schwert umschmiedet, wurde zu Beginn der 80er Jahre als Lesezeichen zur Friedensdekade ausgegeben. Die Jugendlichen nähten es sich lieber auf die Jacken oder klebten es auf Schultaschen und Beutel. Die SED ließ daraufhin das Zeichen von der Polizei und anderen Sicherheitskräften auf teils brutale Weise im ganzen Land entfernen.
Am 24. September 1983 fand auf Anregung des damaligen Pfarrers der Schlosskirche Wittenberg, Friedrich Schorlemmer, während eines evangelischen Kirchentages in Wittenberg auf dem Lutherhof eine symbolische Aktion statt: Ein Wittenberger Schmied schmiedete vor etwa 4.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Schwert zu einer Pflugschar um. Diese Aktion, die Leipziger Friedensgebete und viele andere Aktivitäten der ostdeutschen Friedensbewegung sorgten dafür, dass das Motto weltweit bekannt wurde. Kurze Zeit später hatte die Politik des sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail Gorbatschow mit Glasnost und Perestroika, wie auch die Entspannungspolitik der Bundesregierung, den Menschen mit ihrer Forderung nach friedlichen Veränderungen den Rücken gestärkt.
Friedrich Schorlemmer hatte nach dem Mauerfall, als aus zwei Staaten wieder einer werden sollte, die Idee, die bundesdeutsche Flagge schwarz-rot-gold, mit diesem Emblem zu erweitern.  
Es würde bedeuten: oberstes Staats- und Gesellschaftsziel ist Friedenspolitik ohne Gewalt. Krieg dürfte kein Mittel der Politik mehr sein. Deutschland würde sich verpflichten, alles Erdenkliche zu tun, was dem Frieden dient.
Das Parlament würde einen Friedensrisikorat einrichten. Dieser sollte wachsam danach forschen, wo Krisen heraufziehen und Spannungen bedrohlich wachsen.
Wo verletzten deutsche Interessen andere nationale Interessen? Wo könnte deutsche Politik andere schrecken und erschrecken. Wo befördern Unternehmen mit ihrer Wachstumspolitik und der Eroberung von neuen Märkten Unfrieden, zum Beispiel durch Landraub, der Ausbeutung von Rohstoffen auf Kosten der dortigen Natur, Umwelt und Bevölkerung?
Unternehmen und vor allem Medien und Behörden sollten mit ihren Richtlinien auch zur Erhaltung und Förderung des Friedens beitragen. Sie sollten ihren Beitrag  formulieren, nachweisbar leisten.
In den Schulen, Hochschulen und Universitäten gehörte Frieden in den Lehrplan und zur Ausbildung.

Der Friedensrisikorat ist besetzt mit Psychologen, Historikern, Pädagogen, Wirtschaftswissenschaftlern, Religionsvertretern, Künstlern, Sprachforschern und überlegt konstruktiv und phanastievoll, wie Konflikte anders als mit Waffengewalt entschärft, gar gelöst werden können.
Wer Befehle für den Einsatz von militärischer Gewalt gibt, muss vor der Friedensrisikogruppe begründen, warum es soweit kommen konnte und was die Kriegsbefürworter und Befehlgeber bisher unterlassen hatten, den Konflikt zu entschärfen. Gewalt fällt nicht vom Himmel, sondern hat eine Vorgeschichte.
„Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte“, sagt Jesus in der Bergpredigt. Zur Kriegspropaganda gehört immer, dass 'die anderen' böse und ungerecht seien, 'wir' aber die Guten und Gerechten, dass 'die anderen' fanatisch und verblendet seien und nur noch die Sprache der Gewalt verstünden, wir aber unschuldig, vernünftig, friedlich seien und nun leider den Frieden mit Gewalt als ultima ratio herstellen, dabei leider auch zivile Opfer in Kauf nehmen müssten. Der Friedensrisikorat hat die Aufgabe, die Propagandasprache und Kriegsrhetorik zu entschlüsseln.

Regelmäßig informiert der Rat die Öffentlichkeit über seine Erkenntnisse, Ideen und Vorschläge.
Eine verrückte Idee? Ganz und gar nicht.
Es gibt Unternehmen, die ein Reputationsrisikomanagement haben, eingesetzt vom Vorstand. Diese Abteilung prüft, welche Geschäfte dem Ruf des Unternehmens schaden könnten und dürfen schlimme Geschäfte untersagen.

Ein anderes Beispiel: Die Bundesbank war jahrzehntelang regierungsunabhängig und hatte die Aufgabe, die Inflation im Griff zu halten.

Und noch ein Beispiel: Jährlich übergeben Fachleute der Wirtschaftsinstitute, die sogenannten Wirtschaftsweisen, der Regierung einen kritischen Bericht über den Stand und die Entwicklung der Wirtschaft.
Drei Vorbilder für die Struktur eines Friedensrisikorates, damit die Hoffnung Michas und die Sehnsucht vieler Menschen konkreter wird.

Während ich an der Predigt arbeite, höre ich von einer Friedensakademie. Die Friedensakademie Rheinland-Pfalz ist seit Juli 2014 eine „besondere wissenschaftliche Einrichtung“ (§ 97 HochSchG) der Universität Koblenz-Landau. Ihre Gründung geht auf eine Initiative der rheinland-pfälzischen Landesregierung aus dem Jahr 2011 zurück. Danach sollen friedenspolitische Aktivitäten im Land unterstützt und zivile und präventive Strategien des Konflikt- und Krisenmanagements gestärkt werden. Der rheinland-pfälzische Landtag hat für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 entsprechende finanzielle Mittel bereitgestellt. Träger und Unterstützer der Friedensakademie ist ein Ende 2013 gegründeter gemeinnütziger Verein.

Die Länder der Europäischen Union leben seit 70 Jahren in Frieden miteinander. Heute undenkbar, dass Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Italien, Österreich, Spanien, Portugal, Griechenland oder Polen gegeneinander Krieg führen würden. Wir haben ein europäisches Parlament, eine Verfassung für Europa, gemeinsame Institutionen, offene Grenzen, eine Währung. Wir haben uns angewöhnt, Konflikte in Gesprächen auszuräumen. Europäische Staatsminister kommen regelmäßig zu Konsultationen und Absprachen zusammen. Krieg zwischen Staaten der Europäischen Union ist fast undenkbar geworden. Undenkbar! Hätte man vor 100 Jahren das den Menschen gesagt, sie hätten einen wohl für verrückt erklärt. Krieg war früher normal - hier und heute nicht mehr. Und das muss das Ziel sein: Krieg nicht mehr denken zu wollen; und jeder Konflikt, der nicht mit Gewalt, mit brachialer Gewalt, gelöst wird, bringt uns weiter. Kampf und Streit ist verlorene, vergeudete Lebenszeit, die nur den Teufel herzlich freut.

Es braucht aber nicht nur eine Vision in den Köpfen, sondern auch eine Wärme in den Herzen. Hierzu verständliche Worte, die ich in einem Hotel in der Auslage gefunden habe: Friede – der Auftrag der Kirche. Gott wünscht uns das Wichtigste, das es für Menschen gibt: den Frieden. Friede bedeutet, dass nicht geschossen wird, dass niemand aus seiner Heimat vertrieben wird. Friede bedeutet aber auch, dass Menschen gut zusammenleben, dass sie einander akzeptieren und einander als Menschen achten. Letztlich kann Friede nur sein, wenn wir den Frieden im eigenen Herzen tragen, wenn wir aus unseren Herzen alle Gedanken des Hasses, des Neids, der Missgunst und des Misstrauens verbannen, wenn wir im Frieden mit uns und mit Gott leben. Einen solchen Frieden hat Gott mit uns geschlossen. Nun geht es darum, dass wir Christen uns als Menschen des Friedens erweisen. Dieses Wort gilt nicht nur für die große Politik. Das Friedenswerk beginnt in den Familien, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, in der Gemeinde und überall, wo wir mit anderen Menschen zusammenkommen. Wenn ein Christ zu andern Menschen kommt, muss seine erste Botschaft immer lauten: „Der Friede sei mit euch!“

„Friede sei mit dir“. Künftig der Gruß in jeder Begegnung, so selbstverständlich wie ‚Guten Tag‘ und ‚Grüß Gott‘? “Friede sei mit dir“ - auf Deutsch klingt’s ein wenig peinlich und ich höre Häme über ein 'Gutmenschentum'. Aber Juden sagen ganz selbstverständlich Shalom und Araber Salam alleikum. „Friede sei mit dir“ Schön wär‘s schon, man würde sich mehrmals am Tag an den Frieden erinnern und sich gegenseitig Frieden wünschen. Und wie schön klingt es, wenn einer zu Dir herzlich sagt: Friede sei mit dir. Machen wir‘s doch einfach. Wendet euch nach rechts und nach links, reicht einander die Hand und sagt zueinander „Friede sei mit dir“.