Auferstanden von den Toten und für die Menschenrechte
Hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten. Aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten Gottes. Von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten.
Karfreitag, Ostern und auch Pfingsten.
Jesus hat das Totenreich besucht. Jesus war dort gewesen, wo all die anderen Gekreuzigten, zu Tode Gefolterten und Vergewaltigten, Gepfählten, Enthaupteten, Erschossenen, Aufgeschlitzten, Erstochenen und Vergifteten, Gevierteilten, Verhungerten, Vergasten hingekommen sind, die in ihren letzten Tagen, Wochen, Monaten, Jahren zuvor Gewalttätern, Angestellten und Handlangern von Kriegstreibern, Folterern und Henkern hilflos ausgeliefert waren, weil sie anders waren: Eine andere Religion, Hautfarbe, Meinung, Religion, Staatszugehörigkeit hatten, die nicht mehr arm, rechtlos und Sklaven und Ausgebeutete sein wollten.
Jesus passte der Tempelaristokratie nicht – ‚Der Tempel soll ein Bethaus sein, ihr habt eine Räuberhöhle daraus gemacht´. Jesus, der verehrte König der Juden, der Sohn des einstigen Königs Davids, der da kommt im Namen des Herrn, passte auch dem Herrschaftsanspruch der Römer nicht. Weil er nicht passte, musste er weg.
Das war damals so, das ist im Lauf der Menschheitsgeschichte oft so gewesen und das ist dort so, wo es keine gefestigte Demokratie und unabhängige Rechtsstaatlichkeit gibt
Hinabgestiegen in das Reich des Todes. Dieser Satz im Glaubensbekenntnis hält das Gedächtnis an die Gequälten wach, die um ihr Leben gebetet und gefleht hatten. Bestimmt hatten auch viele dabei ihr Leben hingegeben, damit andere, die ihnen lieb und wert waren, freier leben sollten.
Was nimmt Jesus aus dem Reich des Todes mit in den Himmel zu Gott, wo er sitzt zu seiner Rechten und richtet die Lebenden und die Toten?
Keine Menschenopfer mehr! Keine niederdrückende Gewalt mehr!
Für welche Ideologie auch immer.
Für welche Religion auch immer.
Für welche politischen, wirtschaftlichen und strategischen Interessen auch immer.
Keine Menschenopfer mehr! Und keine niederdrückende Gewalt!
Vom Herrschen und Dienen: „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und ihnen Gewalt antun. So soll es nicht unter euch sein; sondern, wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener, und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht, so wie der Menschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele." (Mt 20)
Vom Weltgericht: „Kommt her ihr Gesegnete meines Vaters, ererbt das Reich, das für euch bestimmt ist von Anbeginn der Welt: Was ihr einem von diesen meinen geringste Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan. Geht weg von mir ihr Verfluchten in das ewige Feuer: Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan." (Mt 25)
Das ist der göttliche Maßstab. Wo dieser Maßstab nicht gehört wird, geht es ein paar wenigen supergut und viele andere darben erst traurig und frustriert und kämpfen dann bestimmt auch gewaltsam um ihr Leben, um Auskommen, um Gerechtigkeit.
Keine Menschenopfer mehr! Und keine niederdrückende Gewalt! - Das ist die Botschaft des Auferstandenen, die er mit in den Himmel nimmt, zu richten die Lebenden und die Toten.
Gott ist im Himmel und sein Sohn sitzt ihm zur Rechten. Weit, weit weg von unserer realen Welt?
Nach den letzten beiden verheerenden Weltkriegen und den Millionen von Menschen, die von den Diktatoren Hitler und Stalin und anderen verachtend vernichtet wurden in West und Ost, nach dem jahrenlangen Karfreitag haben Staatenlenker 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ausgerufen:
Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,
da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen,
und da verkündet worden ist, dass einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt,
da es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen,
da es notwendig ist, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern,
da die Völker der Vereinten Nationen in der Charta ihren Glauben an die grundlegenden Menschenrechte, an die Würde und den Wert der menschlichen Person und an die Gleichberechtigung von Mann und Frau erneut bekräftigt und beschlossen haben, den sozialen Fortschritt und bessere Lebensbedingungen in größerer Freiheit zu fördern,
da die Mitgliedstaaten sich verpflichtet haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken,
da ein gemeinsames Verständnis dieser Rechte und Freiheiten von größter Wichtigkeit für die volle Erfüllung dieser Verpflichtung ist,
verkündet die Generalversammlung diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen, durch Unterricht und Erziehung die Achtung vor diesen Rechten und Freiheiten zu fördern und durch fortschreitende nationale und internationale Maßnahmen ihre allgemeine und tatsächliche Anerkennung und Einhaltung durch die Bevölkerung der Mitgliedstaaten selbst, wie auch durch die Bevölkerung der ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Gebiete zu gewährleisten.
Artikel 1
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Artikel 2
Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion,
politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.
Des weiteren darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebietes, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.
Artikel 3
Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.
Artikel 4
Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten.
Artikel 5
Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.
Artikel 6
Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.
Artikel 7
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen Schutz gegen jede Diskriminierung, die gegen diese Erklärung verstößt, und gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen Diskriminierung. ….
Uns sind die Menschenrechte fast schon heilig. Ich finde: gut so. Ist die Deklaration der universellen Menschenrechte eine Konkretion und Fortentwicklung des Evangeliums? Wäre Jesus zufrieden damit? Sind sie eine Art moderne überreligiöse Bergpredigt und jeder Artikel eine Art Seligpreisung? Ich denke, das kann man so sehen. Denn die Aussage und Absicht der Menschenrechte ist: Friede und keine niederdrückende Gewalt, wie es auch Jesus im Matthäusevangelium fordert: „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und ihnen Gewalt antun. Aber so soll es nicht sein unter euch. Wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Diener…."
Es wäre spannend, die Frage `Welche Bedeutung kommt den Menschenrechten in der Religion zu?´ zu diskutieren. Müssen die Menschenrechte in den Religions- und Konfirmandenunterricht und das Studium der Theologie zwingend aufgenommen und dort gelehrt werden? Gehört bei der Amtseinsetzung von Geistlichen die Verpflichtung auf die Menschenrechte dazu? Sie sie heilige Gebote? Müssen sie den Glaubensbekenntnissen hinzugefügt werden?
Jetzt erst beginnt im Festkalender der Kirche die Osterzeit. Und da ist es nicht Sinn und Aufgabe, möglichst viele Schoko-Hasen zu verdrücken, sondern sich zu fragen: Wie und wo kannst Du etwas für die Menschenrechte tun? Wie und wo kannst du einem helfen, dass seine Würde nicht verletzt, nicht angetastet wird? Wie und wo trage ich dazu bei im Konsum, in der Produktion, im Alltag, in der Freizeit, im Geschäftsleben Menschenrechtsverletzungen hinzunehmen oder ihnen zu widerstehen. Gehöre ich zu den Verfluchten oder den Gesegneten, wie die Geschichte vom Weltgericht Menschen scheidet, um der Hungernden, Durstenden, Kranken, Gefangenen, Vertriebenen, Fremden, Gedemütigten willen?
Hier in der Christuskirche steht die neue Osterkerze (nebenstehende Bilder). Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat, zu Gottes Lob. Menschen unterschiedlicher Hautfarben, Kulturen, Religionen sitzen an einem Tisch und gewähren einander Gastfreundschaft.
Selig die Menschen, die in Frieden beieinander wohnen. So soll es sein. Amen.