In Erlenbach:

die allerschönste Christuskirche

weit und breit

Mehr Dialog, bitte!

Mehr Dialog, bitte! Die Predigt zum Mithören (bei youtube hinterlegt.)

Das Lied in der Predigt "Gut, dass wir einander haben", vergnüglich gespielt von Rainer Siebel.

Die Predigt zum Hören.

Fünfte Predigt zur Enzyklika von Papst Franziskus: "Fratelli tutti - über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft“ für Sonntag, 21.3.2021

Heute: SECHSTES KAPITEL, DIALOG UND SOZIALE FREUNDSCHAFT

Mehr Dialog, bitte!

„Gut, dass wir einander haben,
gut, dass wir einander sehn,
Sorgen, Freuden, Kräfte teilen
und auf einem Wege gehn.

Gut, dass wir nicht uns nur haben,
dass der Kreis sich niemals schließt
und dass Gott, von dem wir reden,
hier in unsrer Mitte ist.

Keiner der nur immer redet,
keiner der nur immer hört.
Jedes Schweigen, jedes Hören,
jedes Wort hat seinen Wert.
Keiner widerspricht nur immer,
keiner passt sich immer an.
Und wir lernen, wie man streiten
und sich dennoch lieben kann.

Keiner ist nur immer schwach
und keiner hat für alles Kraft.
Jeder kann mit Gottes Gaben das tun,
was kein anderer schafft.
Keiner, der noch alles braucht,
und keiner, der schon alles hat.
Jeder lebt von allen andern,
jeder macht die andern satt“.

(Manfred Siebald)

Mehr Dialog bitte.
Stell dir vor, 5 Personen - eine Managerin, ein Gastwirt, ein Profifußballer, ein Flüchtling und ein Auszubildender - würden einen Abend lang beisammen sein und sich unterhalten, Gedanken austauschen mit fünf Fragen auf dem Tisch:
Wie geht’s es dir? Was machst und arbeitest du und warum? Was ist dir im Leben wichtig und heilig? Was bereitet dir Sorgen? Was erfreut dich?  

Stell dir vor, 5 Personen - eine Industriearbeiterin, eine Influenzerin, ein Arbeitssuchender, ein Investmentbanker und eine Bischöfin - würden einen Abend lang um einen Tisch herum sitzen und Gedanken austauschen mit fünf Fragen: Wie geht’s es dir? Was machst und arbeitest du und warum? Was ist dir im Leben wichtig und heilig? Was bereitet dir Sorgen? Was erfreut dich?  

Stell dir vor: Fünf Personen - ein Orgelbauer, eine Bestatterin, eine Musikerin, eine Informatikerin, ein Landwirt - würden einen Abend lang…

Stell dir vor 5 Personen - eine Sozialhilfeempfängerin, ein Mindestlöhner, ein Durchschnittsverdiener, eine Millionärin und ein Milliardär - würden einen Abend lang …. Wie geht’s es dir? Was machst und arbeitest du und warum? Was ist dir im Leben wichtig und heilig? Was bereitet dir Sorgen? Was erfreut dich?  

Die Fünf würden eingeladen und zusammenkommen in einer Kirche, nur mit diesen fünf Fragen und einem geistigen Dach, einer bestimmen Haltung einander gegenüber, mit folgenden biblischen Leitworten:

Die Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den geringen. Haltet euch nicht selbst für klug. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.
(Römerbrief 12)

Diese Worte zur Einstimmung für die Fünfer-Runde an dem nichts muss, aber alles darf. Auf dem Tisch Brot und Wein und fünf Fragen: …. Wie geht’s es dir? Was machst und arbeitest du und warum? Was ist dir im Leben wichtig und heilig? Was bereitet dir Sorgen? Was erfreut dich?  
 
Was würde an diesem Abend geschehen? Mit welchen Erkenntnissen, Eindrücken, Gefühlen würden die Fünf nach dem Gespräch wieder auseinander gehen, sich vielleicht nie mehr begegnen und doch immer wieder aneinander denken?

Solche Gespräch- und Begegnungsrunden nur ersponnen (?) oder in diesen Zeiten notwendig, um wieder in der Gesellschaft als Gemeinwesen näher zusammenkommen, um Verständnis füreinander aufzubringen. Mehr Dialog, bitte!

In diesen Zeiten mit Abstandsgebot vermissen viele Leute Gespräche; es gibt ja auch einiges zu bereden, deshalb wird ja vieles ins Internet verlegt und dort ausgetragen.

Oft mehr Schlagabtausch als Gedankenaustausch?

Sind im Internet echte Dialoge möglich, in denen man sich dem anderen aussetzt, von sich erzählt, gefragt wird, Widerspruch aushält, dagegen argumentiert, Zeit zum Nachdenken und Überlegen hat, Lust gewinnt andere mit ihren Worten und deren Körpersprache verstehen zu wollen?
Sind im Internet echte Dialoge möglich oder finden sich es nur haufenweise Monologe?
Der Papst meint seinem Lehrschreiben über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft:  
„Häufig wird der Dialog mit etwas ganz anderem verwechselt, nämlich einem hitzigen Meinungsaustausch in sozialen Netzwerken, der nicht selten durch nicht immer zuverlässige Medieninformationen beeinflusst wird. Das sind nur parallel verlaufende Monologe, die vielleicht durch ihren lauten, aggressiven Ton die Aufmerksamkeit anderer auf sich ziehen. Monologe aber verpflichten niemanden“.

Der Papst sieht zwar, dass das Internet „allen größere Möglichkeiten der Begegnung und der Solidarität untereinander bieten kann, und das ist gut, es ist ein Geschenk Gottes. Es muss allerdings ständig überprüft werden, ob uns die heutigen Formen der Kommunikation tatsächlich zu einer großherzigen Begegnung, zu einer aufrichtigen Suche nach der vollen Wahrheit, zum Dienst, zur Nähe zu den Geringsten, zum Einsatz für den Aufbau des Gemeinwohls führen.“

Das Internet und die digitalen Medien - ich mag nicht gerne „soziale“ Medien sagen - verleiten dazu, etwas zu posten mit der Frage im Hinterkopf: Wie komme ich an? Wieviel schauen sich das an und finden es gut? Wie spektakulär ist mein Beitrag?

Der Papst:
„Aufeinander zugehen, sich äußern, einander zuhören, sich anschauen, sich kennenlernen, versuchen, einander zu verstehen, nach Berührungspunkten suchen – all dies wird in dem Wort Dialog zusammengefasst. Um einander zu begegnen und sich gegenseitig zu helfen, müssen wir miteinander sprechen. Es versteht sich von selbst, wozu der Dialog dient. Man braucht nur daran zu denken, was die Welt ohne dieses geduldige Gespräch so vieler hochherziger Menschen wäre, die Familien und Gemeinschaften zusammengehalten haben. Ein beharrlicher und mutiger Dialog erregt kein Aufsehen wie etwa Auseinandersetzungen und Konflikte, aber er hilft unauffällig der Welt, besser zu leben, und zwar viel mehr, als uns bewusst ist.“

Gute Dialoge sind - leider? – unauffällig, sie brauchen Vertrautheit, mit eher wenigen als mehr Gesprächspartnern.

Wieviel Lust und Leidenschaft ist da, wäre da für geduldige Gespräche über Grenzen hinweg?
Ich als Pfarrer darf ja mit vielen Menschen sprechen und viele öffnen sich mir als Seelsorger, erzählen aus ihrem Leben, reden sich die Seele frei.  Ich höre zu, stelle zwischendurch Fragen, versuche den anderen zu verstehen: ‚Wie geht’s es dir? Was machst du und warum? Was ist dir im Leben wichtig und heilig? Was bereitet dir Sorgen? Was erfreut dich?‘  
Durch Zuhören, Nachfragen, Verstehen wollen helfe ich meinem Gegenüber, zu sich zu kommen, das Heilige und Wertvolle und die Seele in sich wahrzunehmen, das was gut und göttlich ist, aber auch das, was ein freies, vergnügtes Leben hindert.
Wenn mein Gegenüber Gefühle, Hoffnungen, Ärger, Trauer in Worte fasst und zur Sprache bringt und sich auszudrücken versucht, wird es leichter, was zuvor einen bedrückt hat; wird einem klarer, wofür man zuvor keinen Blick hatte.
In vertrauensvollen, freien Gesprächen lernt man nicht nur den anderen, sondern auch sich selbst besser kennen. Gute Dialoge sind spannende Reisen ins ‚Ich‘, ins ‚Du‘, ins ‚Wir‘.
Wie groß ist die Abenteuerlust, andere Menschen kennen zu lernen und sich von ihren Lebensgeschichten beeindrucken lassen, von anderen unmerklich zu lernen - auf dem immerwährenden Weg zu mehr Lebensweisheit und Wahrheit?

Sind wir, bist du auf dem Weg, Wahrheit zu suchen und finden zu wollen, was gut ist, was gut tut im Leben und dabei auch zu erkennen, was besser anders sein sollte?

Der Papst stellt fest: „Es gibt nur eine Berechnung von Vor- und Nachteilen“.
Sind Begegnungen heute vermehrt darauf aus, sich einen Vorteil zu verschaffen? Ist die gemeinsamen Suche nach gut und böse, richtig und falsch, nach Wahrheit für sich und als eine Gesellschaft verloren gegangen? Auch das ein Grund für Bestechung und Korruption, die in diesen Wochen aufgedeckt werden?

Der Papst: „Der Mangel an Dialog bringt es mit sich, dass niemand in den einzelnen Bereichen auf das Gemeinwohl bedacht ist, sondern nur darauf, aus der Macht Nutzen zu ziehen oder bestenfalls die eigene Denkweise durchzusetzen. So werden Gespräche zu bloßen Verhandlungen um die meiste Macht und den größtmöglichen Nutzen ohne eine gemeinsame Suche nach dem Gemeinwohl. Die Helden der Zukunft werden die sein, die diese ungesunde Logik zu durchbrechen wissen und mit allem Respekt die Wahrheit fördern, jenseits von persönlichen Interessen….Eine Gesellschaft ist nicht zuletzt dann edel und achtbar, wenn sie die Suche nach der Wahrheit fördert.“

Und die Suche nach Wahrheit und auch mehr Gemeinsinn kann gefördert werden, wenn Menschen zusammen kommen, die sich sonst nicht begegnen würden und sich gegenseitig Fragen stellen, in Frage stellen und Antworten geben, sich verantworten.

Stell dir vor…..
Wie geht’s es dir? Was machst und arbeitest du und warum? Was ist die im Leben wichtig und heilig? Was bereitet dir Sorgen? Was erfreut dich?  

Mehr Dialog, bitte!

Gut, dass wir einander haben,
gut, dass wir einander sehn,
Sorgen, Freuden, Kräfte teilen
und auf einem Wege gehn.

Gut, dass wir nicht uns nur haben,
dass der Kreis sich niemals schließt
und dass Gott, von dem wir reden,
hier in unsrer Mitte ist.