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Corona und die Folgen- religiös betrachtet IV. Wer zahlt die Schulden zurück? Was ist gerecht?

Wer zahlt die Schulden zurück? Die Predigt zum Nachhören.

Corona IV (Das Video ist bei youtube hinterlegt.)

Überbrückungshilfen, Konjunkturpakte, Mehrwertsteuersenkung, Kurzarbeitergeld, Unternehmensbeteiligung, Bürgschaften, geleerte Sozialkassen, Europa-Hilfen.
Ein Wirtschaftsprofessor von der Uni Bremen kommt auf eine Summe von fast 2000 Milliarden Euro der Kommunen, Länder und des Bundes. Wer soll die Schulden begleichen? Wie und Wann?
Die Befürchtung: Das Kapital verschwindet in sogenannte Steueroasen, besser: Steuerdreckslöcher, macht sich aus dem Staub; mächtige Finanz- und Wirtschaftsverbände beeinflussen die Gesetzgebung übermäßig zu ihren Gunsten und die, die sich nicht wehren können bleiben zurück und müssen die Schuldenlast tragen und abtragen.
Wo sind die versprochenen Prämien für die Krankenschwestern und die Pflegerinnen und die Verkäuferinnen, die besonders großen Belastungen und Gefahren bei Niedriglöhnen ausgesetzt waren? Was ist gerecht?
Das Pochen auf Gerechtigkeit und Frieden ist ein Anliegen der Religion und der Religionen; das heißt: niemand zu viel und niemand zu wenig an Rechten, an Freiheiten und Gütern.
Der Evangelist Lukas ist empört über himmelweiten und himmelschreienden Unterschied zwischen arm und reich in der Geschichte vom reichen Mann und dem armen Lazarus, die ich nachher lesen werde.  
"Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen statt werden", ist in den Seligpreisungen gesagt.

Führt die Krise zu sozialen Verwerfungen, in der die Starken stärker und mächtiger werden und die Schwachen sich selbst überlassen werden?

Aber die Aufgabe ist es, die Lasten so zu verteilen, dass möglichviele halbwegs gut durchkommen und sich beachtet und mitgenommen fühlen! Das ist eine Aufgabe der Kirchen in diesen Zeiten, die im Blick zu haben, die es schwer und schwerer haben. „Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sacher aller, die verlassen sind. Tu dienen Mund auf und richte in Gerechtigkeit und schaffe Recht dem Elenden und dem Armen, so heißt es in den Sprüchen Salomos in der Bibel.    

 „Hilf uns oh Gott, das Rechte tun, schenk Weisheit, sende deinen Geist. Hilf uns sehen, was von uns gebraucht wird. Führe du uns, guter Gott“

Wer zahlt die Schulden zurück? Staaten haben Geld in der Krise gegeben an mehr oder minder Bedürftige, damit beim erzwungenen Herunterfahren des Handelns und Wandelns Betriebe, Geschäfte und Menschen  möglichst nicht in panische Existenznöte und Überlebensängste geraten. War wohl gut so. Wir konnten und können es uns leisten.
Anderenorts hat sich Angst, Ärger und Armut ausgebreitet.
Deutschland konnte und kann sich Schuldenmachen leisten und hat klug, vorausschauend gehandelt.
Wenn im Wetterbericht ein Unwetter mit heftigem Orkan und Regen ankündigt wird und aufzieht, dann schützt man die Häuser, nagelt Bretter vor die Fenster und häuft Sandsäcke gegen die Fluten auf, um die drohenden Schäden so gering wie möglich zu halten.
So hat man hier reagiert.
Präsidenten anderenorts in ihren Palästen und weißen Häusern, haben die Unwetterwarnung nicht wahrhaben wollen und behauptet: Alles Lüge, nur ein Lüftchen mit ein wenig Schauern, zieht schnell wieder vorbei. Unsere Häuser sind standhaft. Aber Häuser von vielen sind weggeschwemmt worden, zusammengebrochen, viele kommen immer noch in den Fluten und Stürmen um.  Die Leute wurden von den Präsidenten sich selbst überlassen.
Hier nagelt man allmählich die Bretter wieder weg, räumt die Sandsäcke beiseite, noch hängen dunkle Wolken über uns, aber es scheint auch schon wieder die Sonne durch.   
Lieber die Häuser im Unwetter sichern, als später zerstörte Bauten mühsam wieder aufbauen. Das würde noch mehr kosten. Das haben viele eingesehen.  
Deutschland konnte viel verteilen und Schulden machen, weil die Zinsen niedrig sind, teils sogar negativ.
Wer zahlt die Schulden zurück? Jetzt sind nicht mehr so sehr die Virologen und Epidemiologen als Berater gefragt, sondern die Volkswirtschaftler, die den Ministern nun verstärkt zu Seite stehen auf der Suche nach Antworten auf die Frage:  Wie muss der Staat wirtschafts- und finanzpolitisch agieren, um gut und gerecht durch die Krise zu kommen?
In der ersten Phase: Sofort-Maßnahmen, Staats-Kredite mussten und müssen sein. Wer braucht schnell Geld? Stellt Anträge! Kurzarbeiter-Geld und Zuschüsse wurden bewilligt. Stundung von Steuerschulden. Regierungen in Bund und den Ländern haben Stabilitätsprogramme beschlossen.
Dann in der zweiten Phase: Konjunkturprogramme: Senkung der Mehrwertsteuer, Kinderbonus von 300 Euro für jedes Kind, Ausbildungsprämien und Steuererleichterungen für Betriebe; Investitionen in Kitas, Ganztagesschulen, Krankenhäuser, in den Weiterbau moderner Infrastruktur, in neue Technologien sollen getätigt werden, es gibt Kaufprämien für E-Autos. Es gab Kritik an dem einen oder anderen, aber nicht grundsätzlich. Man war sich fast einig, dass es so in etwa gar nicht schlecht ist.
Nun geht es um die Frage der Finanzierung von alledem.
Ich habe ein wenig auf die Volkwirtschaftler gehört, im Fernsehen, im Radio, im Internet, habe vorgestern das Institut für Weltwirtschaft um Stellungnahmen gebeten. Für Deutschland, so die Volkswirtschaftler, kein großes Problem, wenn die Wirtschaft bald wieder in die Spur kommt. Was für Vorschläge und Ideen werden eingebracht und diskutiert:  
Eine Idee: Ein Lastenausgleich, wie er nach dem Krieg 1952 von Adenauer beschlossen wurde, finanziert durch eine Vermögensabgabe und Hypothekenabgabe, also durch die, deren Vermögen und Guthaben erhalten geblieben sind, während den anderen Hab und Gut zerbombt wurde oder sie von ihrer Heimat vertrieben wurden. Geld floss an die Notleidenden und Vertriebenen, finanziert durch die, die im Verhältnis dazu keine allzu große Not erleiden mussten.
Lastenausgleich – nicht Neues also, hatten wir schon mal nach dem Krieg. Wie auch jetzt: manche haben in der Krise profitiert und satte Gewinne gemacht, wie online-Händler und Internet-Firmen, die Videokonferenzen anbieten, andere mussten ihre Betriebe über Wochen und Monate schließen und hatten keine oder fast keine Einnahmen.

Ein weiterer Vorschlag: eine einmalige Vermögensabgabe auf sehr hohe Vermögen, verteilt auf mehrere Jahre, so dass der Schock ausbleibt.

Oder: man könnte befristet einen Art Corona-Soli einrichten, wie nach der Widervereinigung einen Solidaritätszuschlag der für den Aufbau Ost verwendet wurde.

Eine Frage, die viele umtreibt: Zahlt die jüngere Generation die Kredite zurück? Sie könnten profitieren, wenn die Investitionen, die jetzt beschlossen und dann hoffentlich getätigt werden, in Bildung und Ausbildung gehen, in Zukunftstechnologien, von denen die Jüngeren später dann sogar profitieren.

Wenn die Wirtschaft wieder „auf Touren kommt“, dann werde die Tilgung wohl kein allzu großes Problem sein, so scheinen sich die Volkswirtschaftler einig. Eine anhaltende Wirtschaftskrise mit Insolvenzen und Arbeitslosigkeit wäre viel schlimmer, als den Schuldenberg abzutragen. Wer weiß, was kommt?
Also: es lohnt sich auf diese Experten zu hören, sich mit ihren Vorschlägen zu beschäftigen, die ja in die politischen Entscheidungsprozesse einfließen und in den Talkrunden öffentlich rauf und runter diskutiert werden. Niemand sagt derzeit aber ernsthaft: Der Markt wird’s schon von allein richten.

Also: Die Krise muss von der Politik, von uns allen gesteuert und gestaltet und mitgetragen werden.
Die Frage und das Kriterium bleibt: Was ist gut für den einzelnen und gerecht für alle? Eindeutige Antworten wird es nicht geben.
Den Kirchen kommt dabei die biblische Aufgabe zu, darauf zu achten, dass es gerecht zugeht, zumindest halbwegs gerecht – nicht so, dass die einen viel und viel, viel mehr haben als genug und nicht wissen wohin damit und sich dem Lastenausgleich entziehen und die anderen ganz arg wenig, viel weniger als genug haben und nicht wissen wie weiter.  
In den biblischen Sprichwörtern, den Sprüchen Salomos, heißt es: "Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sacher aller, die verlassen sind. Tu deinen Mund auf und richte in Gerechtigkeit und schaffe Recht dem Elenden und Armen".

Vom reichen Mann und armen Lazarus
(Lukasevangelium 16, 19-31)
Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden.
Es war aber ein Armer mit Namen Lazarus, der lag vor seiner Tür voll von Geschwüren und begehrte sich zu sättigen mit dem, was von des Reichen Tisch fiel; dazu kamen auch die Hunde und leckten seine Geschwüre.
Es begab sich aber, dass der Arme starb, und er wurde von den Engeln getragen in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und wurde begraben. Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen auf in seiner Qual und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß. Und er rief: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und mir die Zunge kühle; denn ich leide Pein in diesen Flammen.
Abraham aber sprach: Gedenke, Sohn, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun wird er hier getröstet und du wirst gepeinigt.
Und überdies besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, dass niemand, der von hier zu euch hinüberwill, dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber.
Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, dass du ihn sendest in meines Vaters Haus; denn ich habe noch fünf Brüder, die soll er warnen, damit sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual.
Abraham sprach: Sie haben Mose und die Propheten; die sollen sie hören.
Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun.
Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.